Der Schwarm
Bienen gründen neue Völker, indem ein Schwarm, (ein Teil des bestehenden Volkes), auszieht und sich ein neues Zuhause sucht. Auf welche Weise Bienen das tun, wurde durch Martin Lindauer, einen Schüler von Karl von Frisch, erstmals erforscht. Thomas Dyer Seeley entdeckte später das komplexe demokratische Entscheidungsprinzip bei der Einigung des Schwarms für einen neuen Nistplatz. Die Schwarmzeit ist im Frühsommer, damit genügend Zeit für die Suche nach einem geeigneten Platz und für das Anlegen der Wintervorräte bleibt. Der Bienenschwarm, der sogenannte Vorschwarm, das sind etwa 6000 bis 14.000 Bienen beziehungsweise ein Drittel eines alten Bienenvolks, verlässt mit der alten Königin, die seit einiger Zeit nicht mehr gefüttert wurde, sein Volk. Die Schwarmbienen haben sich zuvor stark mit Honig gesättigt und waren bis dahin sehr inaktiv. Die Muskulatur der auszugswilligen Bienen beginnt zu zittern, ihre Flugbereitschaftstemperatur steigt auf 35 °C. Bis heute ist nicht bekannt, welche Reize bei den aufbruchswilligen Bienen das Signal auslösen, dass sie zusammen plötzlich aufbrechen. Der Schwarm lässt sich nach Auszug in der Nähe als Traube für wenige Stunden nieder. Oft dienen Bäume, Büsche, Hecken und Zäune als Raststätte. Wenige hundert Kundschafterinnen, etwa 3–5 % des Schwarms, erkunden die nähere Umgebung nach einem neuen optimalen Nistplatz. Sie teilen den anderen Bienen in der Schwarmtraube mehrere geeignete Plätze durch Schwänzeltanz mit, den sie auf dem Rücken der wartenden Bienen ausführen. Zunächst weisen die Kundschafterinnen auf verschiedene geeignete Orte in einem Radius von bis zu 5 Kilometern hin. Unter verschiedenen Kriterien bewerten die Suchbienen die neue gefundene eventuelle Heimstatt des neuen Bienenvolkes. Mit Dauer und Intensität des Schwänzeltanzes wird den Bienen im Schwarm die Qualität jedes potenziellen Nistplatzes mitgeteilt. Besonders eifrige Kundschafterinnen (Spurbienen) veranlassen die anderen, ebenfalls ihr Angebot zu überprüfen. Es kommt vielmehr in der zur Verfügung stehenden Zeit von wenigen Tagen, in denen die Bienen keinerlei Nahrung zu sich nehmen, zu einem komplizierten, optimalen Abwägungs- und Entscheidungsprozess. Weist zum Schluss eine große Zahl von Kundschafterinnen auf denselben Ort, wird im Schwarm ein bis heute biochemisch nicht näher analysierter Schwellenwert oder Quorum überschritten. Das Schwellenwertprinzip bei der Nistplatzwahl konnte von Seeley mathematisch simuliert werden. Ist der Schwellenwert erreicht, bricht der Schwarm zusammen mit der Königin auf. In der Schwarmwolke weisen Spurbienen den Weg, indem sie immer wieder im Schwarm nach vorne fliegen und außen am Rand langsam wieder zurück. In der Nähe des Ziels fliegen sie zum Eingang und sterzeln, sie weisen also dem Schwarm durch Duftstoffe den Weg.
Bienendemokratie
Mit dem gesamten geschilderten Prozess, einer Kombination aus individueller Intelligenz (Bewertung eines Nistplatzes durch einzelne Kundschafterinnen) und kollektiver Intelligenz oder Schwarmintelligenz (Entscheidung des Schwarms), wird in einem demokratischen Verfahren durch wenige Repräsentanten des Schwarms in kurzer Zeit ein für den ganzen Schwarm bestmöglicher und von allen akzeptierte Konsens für die neue Behausung gefunden und diese bezogen. Bienen bauen ihre Waben aus Wachs, das sie in Form kleiner Schuppen aus den 4 zweipaarigen Wachsdrüsen ihrer Bauchringe ausschwitzen. Hier wird dann die Brut, der Honig und der Pollen gelagert. Der Honig dient als Energiequelle und liefert dem Bienenkörper sozusagen das Heiz- und Betriebsmaterial. Der eiweißreiche Blütenstaub bietet dem wachsenden Bienenkörper die Baustoffe. Der Honig wird von den Bienen entweder aus dem Nektar von Blüten oder aus Honigtau erzeugt. Honigtau kann von Sekreten lebender Pflanzen stammen oder von Sekreten, die von Insekten abgesondert wurden, die auf diesen Pflanzenteilen leben (Beispiel: Tannenhonig). Da in einem Bienenstock die Insekten auf engstem Raum bei etwa 35 C zusammenleben, herrschen dort im Grunde ideale Bedingungen für die Ausbreitung von Krankheiten. Deshalb dient ein von den Bienen in erster Linie aus Baumharz, körpereigenen Proteinen und Pollen selbst hergestellter Kittharz (Propolis) mit seiner Verwendung zum Abdichten von kleinen Öffnungen, Spalten und Ritzen dazu, Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen, die in den Stock eingeschleppt werden könnten oder vorhanden sind, in ihrer Entwicklung zu hemmen oder sogar abzutöten. Hierzu werden Oberflächen, beispielsweise auch das Innere der Wabenzellen für die Brut, mit einem hauchdünnen Propolisfilm überzogen.